Ja / Nein / Ich weiß nicht


Ich kann nicht schreiben. Nicht mal auf pseudo-witzige Selbstdissantworten á la „Ach, was du nicht sagst!“ oder „Sieht dein nicht vorhandenes Publikum ähnlich.“ habe ich Lust. Und dennoch sitze ich an diesem grauen Samstagmorgen an meinem Schreibtisch, habe das Schreibprogramm geöffnet und tippe äußerst unfröhlich drauf los. Es ist purer Selbstzweck, denn ich habe keinen Grund anzunehmen, dass was-auch-immer-das-hier-wird zu etwas anderem gut geworden sein gewesen werden würde als … zu sein.

Wenn ich wenigstens eine Vorstellung davon hätte, worum es hier und heute gehen soll… Dabei habe ich ganz klare Vorstellungen, und zwar davon, worum es nicht gehen soll. Das ist auch nur eine Art Selbstschutz. „Nur“ … Eigentlich ist das nicht „nur“, es ist wohl sogar sehr viel. Also, einerseits sehr viel Selbstschutz und anderer ist es sehr viel, dass es Selbstschutz ist. Immerhin bedeutet es, dass ich dazu (noch?) in der Lage bin, den Kampf gegen das immer mögliche Versinken in die nächste depressive Episode zumindest aufzunehmen. Ob diese schon droht … ich weiß es nicht. Aber es schadet nichts, wachsam zu bleiben.

Ach so, worum es nicht gehen soll? Nun ja, es soll nicht darum gehen, weshalb ich mich schon wieder mit Verlustängsten plage. Und wenn Du jetzt Sorge hast, dass meine neuerlich intensivierten Verlustängste an Deiner Suche nach Glück mit einem anderen Menschen lägen, so lass Dir versichern: Diese Sorge ist verständlich, aber unbegründet. Großes Kleinkünstler-Ehrenwort! 🙂

Ein wenig erinnert mich meine mentale und emotionale Verfassung an jenen Samstag vor knapp zwei Jahren, als ich den ersten dieser damals noch „Blogposts“ genannten Beiträge in die Tastatur klapperte. Seltsam, denn ich fühlte mich bereits durch eine der Antworten auf die Blockpost™ von letzter Woche an diesen und andere Beiträge erinnert.

Worum geht’s?

Ich habe in der letzten Blockpost™ anhand mir angezeigter Werbung scheinbar nachgewiesen, dass ich „zu fett“ bin. Obendrein hab‘ ich meine Leser:innen gebeten, mir einen Vorschlag für den nicht vorhandenen Titel zu schicken. Als erstes ging diese Antwort ein:

Ich habe es als „Ohte“ (Vertonung Arthur ok!) gelesen.

Gefällt mir. Nicht nur, weil ich dadurch den Titel nicht ändern muss. ¯\_(ツ)_/¯

Die Vorstellung, ich trüge BHs, ist natürlich nicht jedermanns Sache, belegt durch die zweite Antwort.

Der BH fürs Hirn oder wie man dem Hirn ‘nen doppelten Maulkorb verpasst. 🙈

Richtig ins Grübeln kam ich aber bei Antwort Nummer 3:

Ich gestehe, dieses Wort habe ich heute zum ersten Mal gelesen. Und beim Lesen deiner Blockpost sprang es mich geradezu an. Nicht aus deinem Text, sondern, genau, mein Hirn hat es mir zugeflüstert:
Hirn: „Du weißt schon, wie man das nennt, wovon er schreibt?“
Ich: „Was meinst du jetzt genau?“
Hirn: „BS natürlich, was sonst?“
Ich: „BS? Kannst du dich vielleicht mal klarer ausdrücken?“
Hirn: „Jetzt stellt sie sich wieder blöd. Hast doch heute erst davon gelesen.“
Ich: „Ach so BS? Warum sagst du das nicht gleich?“
Hirn: „Ich sag gar nichts mehr“
Ich: „Oh toll, abschalten gilt nicht. Muss doch noch einen Titel finden.“
Hirn: „………………………….“
Ich: „Na gut, brauch dich sowieso nicht dafür. Kann ich ganz alleine. So! Also… hier mein Titel (ohne Hirn): BS* – at his best *Bodyshaming“

“Bodyshaming” also… ein Wort, dass mehr Fragen aufwarf, als ich Antworten zu finden in der Lage war, bin, sein werde?

Beginnen wir mal mit der einfachsten: Was bedeutet „Bodyshaming“?

Wikipedia sagt hierzu:

„Als Bodyshaming bzw. Body-Shaming [ˈbɒdi ʃeɪmɪŋ] werden seit dem 21. Jahrhundert Formen von Diskriminierung, Beleidigung, Mobbing oder Demütigung von Menschen aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes bezeichnet; insbesondere im Hinblick auf ein Schönheitsideal. Diese Ideale können durch stereotypische Darstellungen in Medien und Werbung verstärkt oder vermindert werden.“

Mein Beitrag erwähnt explizit einen Aspekt, nämlich den des Gewichts und des daraus resultierenden Aussehens. Hierzu steht im selben Wikipedia-Eintrag:

„Eine Unterform des Bodyshaming ist die Diskriminierung aufgrund des Körpergewichts bzw. des Körperbaus, die auch als Fatshaming bei Übergewicht und allgemein als Sizeism bezeichnet wird.“

Habe ich mich also aufgrund meines nicht gängigen Schönheitsidealen entsprechenden Aussehens selbst diskriminiert, beleidigt, gemobbt oder gedemütigt? Habe ich mich tatsächlich selbst ge-fatshamed? Oder müsste es gar „fat-geshamed“ heißen?

Mein erster Impuls war, das zu verneinen. Ich fand und finde es nämlich in erster Linie WITZIG, dass irgendwelche Algorithmen, die personalisierte Werbung bereitstellen sollen, mir Anzeigen für BHs und Plus Size Lingerie aufs Display beamen. Einen eventuellen Fetisch, den ich mit entsprechenden Begriffen bei Google-Suchen impliziert haben könnte, habe ich in Ermangelung selbiger gar nicht mit entsprechenden Begriffen bei Google-Suchen impliziert. Die Suchhistorie wird mich freisprechen!
Und falls er dennoch da wäre, der Fetisch, ich gäbe es an dieser Stelle zu. Insofern ist mir die Handlungsweise der Werbealgorithmen erstmal ein Rätsel.

Bevor ich Euch aber die Frage, ob ich mir gegenüber Body- und/oder Fatshaming betreibe, ehrlich beantworten kann, muss ich mir eine andere unangenehme Frage stellen.

Schäme ich mich für meinen Körper?

Worauf es nicht nur eine Antwort geben kann, denn ich lüge* dann.

*) Laut Duden handelt es sich bei „ich lüge“ sowohl um den Indikativ (Präsens) als auch Konjunktiv I (Präsens) des starken Verbs „lügen“.
Hiermit sei eindeutig festgelegt, dass es Konjunktiv I ist.

Die Antwort könnte Ja / Nein / Ich weiß nicht heißen. Wenig erstaunlich wäre das ebenso die Antwort auf die Frage, ob ich meinen Körper mag. Und noch immer ist damit nicht geklärt, ob mich selbst ge-fatshamed/fat-geshamed habe.


Nun gibt es möglicherweise einige Leser:innen, die jetzt schon mehr über mich erfahren haben, als sie jemals wissen wollten. Für diese ist das wohl ein guter Zeitpunkt, um ihnen für das Lesen dieser Blockpost™ zu danken und sie für heute zu verabschieden.

Vielen Dank und bis zum nächsten Mal! 🙂


Für diejenigen, die sich noch etwas tiefer in die verschlungenen Gänge meiner Gedanken- und Gefühlswelt wagen wollen und sich noch eine Antwort auf die Frage nach dem Selbst-Bodyshaming erhoffen, geht es hier weiter:

Aber seid gewarnt, es gibt nicht nur Bilder im Kopf, sondern auch auf Euerm Display! Nur so, falls Ihr gerade in irgendwelchen Öffis oder bei Euern Eltern/Großeltern auf der Couch rumsitzt. Oder gar Kinder aufs Display gucken können! Keine Angst, there are no Pimmelbilders. 😬


© 2021 albert sadebeck


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