Wer die Situation von aussen beobachtet, sieht eine junge Frau, die sich panisch an der Wand festkrallt und ein kleines Kind, das freudestrahlend von links nach rechts flitzt und „Mami da! Mami daaaa! Mamiiii dudd!!!“ ruft. „Mami“ lächelt verkrampft, den Mund starr zusammengepresst. Sie steht wie angewurzelt und bringt nur ab und zu ein ängstliches „Vorsicht!“ heraus. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, mit dem Kind auf einen Hochsitz zu klettern? Sie hat verdammte Höhenangst. Das konnte jeder blinde Fussgänger am Zittern der sie stützenden Balken erfühlen, der zufällig durch die Pampa lief, in der sie unterwegs ist.
Sie war also mit ihrem Kind die wackelig zusammengezimmerte Holzleiter raufgeturnt. Schon auf der 3. Sprosse fingen ihre Knie an, Unbehagen anzumelden. Während das Kind flink wie ein Wiesel seine kurzen Beine höher und höher auf die Stufen stellte, zwang sie sich zu atmen und dicht hinter ihm zu bleiben. Als menschlicher Puffer, sollte es gleich ein hässliches Knacken und den darauf unvermeidbaren Sturz in die Tiefe geben. (5. Sprosse…)
Sie schluckte und hielt ihren Sprössling (wow, grandioses Wortspiel wenn man bedenkt, dass sie bebend vor Angst auf der letzten Sprosse hing) an, SOFORT zur Wand zu laufen. Solange, bis sie es gebacken bekam, ihren ungelenken Körper auf die mittlerweile dienstverweigernden Knie zu stellen. Und dann? Selber schnell an die Wand, aber hurtig. Festhalten. Die Illusion von Sicherheit. Was gäbe sie dafür, jetzt einfach bergeweise Wäsche waschen zu dürfen. Nie in ihrem Leben hatte sie sich mehr in das Bad zu ihrer Waschmaschine gesehnt.

„Was machst du da?“ , schreit ihr Hirn sie an.
Ich überwinde meine Angst!
„Ach was?! Haste ’n Wechselschlüpper dabei, oder was?“
Klappe. Ich übe noch.
„Wieso lässt du so ’nen Quatsch nicht einfach?! Dann überleben wir vielleicht noch eine Weile. Oder willst du die Schuleinführung nicht sehen?“
Doch, Mann.
„Dann geh sofort weiter runter!“
Nein.
„Hä?!“
Ab und zu sollte man auch mal mutig sein.
Das Hirn schwieg eine Weile. Es dachte nach. Sätze wie „Glaub an dich. Du schaffst das.“ oder „Trau dich.“ hatte es immer schon für müde Motivationsfloskeln gehalten. Echter, urinstinkter Panik konnte man damit nicht ernsthaft begegnen. Dennoch hangelte sich der Körper, in dem es lebte, gerade an 3 Brettern in luftiger Höhe entlang.
„Welchem scheiss Kalenderblatt willsten du heute was beweisen?!“
Sie holte tief Luft. Mir selbst.
„Du bist toll. Jetzt schwing deinen Hintern zurück zum Boden.“
Nein.
„Nein?!!!! Du spinnst doch.“
Ein bisschen vielleicht.
„Kannste mir mal erklären was das soll?“
Sie streckte ihren Finger aus. Das begeisterte Kind war ihr Ziel. Er. Er sieht und beobachtet, spiegelt und lernt. Ständig werde ich gefragt wie ich ihn erziehe. Dabei muss ich das nicht. Er orientiert sich bewusst an mir.
„Ach, und du willst nicht das er so ne Memme wird wie du… alles klar.“
Halt deine Klappe….. ich versuche hier, mutig zu sein. Und ihn wie jedes normale Kind auf so ’nen scheiss Turm klettern zu lassen. Was soll ich ihm ständig sagen dass er Dinge schafft, wenn er es versucht, wenn ich selber nicht mal ne Leiter hoch klettere.
„Hm. Und wie kommt ihr da wieder runter?“
…Scheisse…
„Herzlichen Glückwunsch. Du darfst ihn dann wohl tragen. Bevor du mutig wirst, üb doch erstmal denken.“



P.S.
MitmachanklickgedönsTM
Falls sie noch oben sitzt…
© 2020 hollingtonsmum
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